23Februar
2013

Mendoza

In einer steppenartigen Region im Westen Argentiniens liegt Mendoza. Eigentich als großes Weingebiet bekannt, hat sich um die Stadt herum ein ziemlich gut laufender Abenteuertourismus entwickelt. Das reizte mich natürlich. Außerdem hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich in Argentinien bisher noch viel zu wenig Wein getrunken hatte. Damit fehlte mir natürlich ein essentieller Bestandteil der Landeskultur, die ich nicht gänzlich auslassen wollte.

Also gönnte ich mir eine knappe Woche Zeit in Mendoza, um möglichst viel davon nachzuholen. 

Den ersten Tag vertendelte ich dann doch eher in der Stadt, aber nach der 12-Stunden Busfahrt von Neuquén aus, war ich noch etwas müde. Mendoza selbst ist nicht allzu interessant, erinnert aber ungemein an Santiago. Vor allem die Platanen, die fast alle Straßen und Parks säumen, tragen dazu bei. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass man ja weiß, dass die chilenische Hauptstadt (für südamerikanische Verhältnisse) in der Nähe liegt. Befände sich zwischen beiden Städten eine Autobahn, wäre man wahrscheinlich in 2-3 Stunden da. Allerdings liegen stattdessen einige der höchsten Andengipfel und ein Grenzübergang dazwischen, weswegen ich von einem Nostalgieausflug absah.

Am nächsten Tag ging es dann aus der Stadt raus in das Mendozatal. Als erstes stand Rafting auf dem Programm. Das stellte sich nicht so sehr als andauernder Adrenalinrausch heraus, wie ich erwartet hatte, war aber dennoch sensationell. In einem knall-gelben Schlauchboot ging es eine gute halbe Stunde den Fluss Mendoza runter. Unsere Besatzung bestand aus 6 Paddlern und einem Navigator, der gleichzeitig unser Tour-Guide war. Der Mendoza ist schon eine ziemlich braune Brühe und auf der Strecke gibt es einige Stromschnellen, so dass ein erfahrener Mann am Steuer schon hilfreich ist. Aber da der Februar tendentiell ein trockener Monat in der Gegend ist, war der Wasserstand nicht besonders hoch und wir mussten uns nicht besonders rein hängen. Da blieb mehr Zeit, sich festzuhalten und die Wasserstrudel zu sehen, in die man dann gleich stürzt.

Auch ohne ins Wasser zu fallen oder zu kentern, hat man keine Chance da trocken raus zu kommen - notfalls sorgt der Navigator dafür in dem er das Boot rückwärts gegen irgend einen Felsen oder in einen Strudel fahren lässt. Eine der großartigsten Sachen, die ich bisher gemacht habe.

Wir sind nicht gekentert. Gelegentlich mussten wir um ein paar Felsen herum

Danach gab es dann nochmal eine runde Zipline. Im Vergleich zu den Bahnen im Wäldchen bei Puerto Varas, war das hier aber deutlich spektakulärer. Das lag an zwei Hauptgründen: Zum Einen waren die Strecken grundsätzlich länger (bis zu 450m) und zum Anderen gab es an der Zielplattform ein Bremssystem, sodass man ohne vorher selbst abbremsen zu müssen bis zum Ziel durchbrettern konnte.

Fetzt.

Am nächsten Tag versuchte ich mich dann mal via Crash-Kurs zum Weingourmet fortzubilden. Ein bisschen außerhalb der Stadt kann man in einem Vorort namens Maipu, in dem aus irgendwelchen Gründen etliche verschiedene, ausschließlich familiär betriebene Weingärten gibt, eine Radtour mit Verkostungen kombinieren. Maipu ist zumindest darauf vorbereitet. Es gibt sogar ein Netz zwischen den meisten Weingütern, aber nur da. Mein anfänglicher Versuch, das geliehene Rad zum Rumfahren abseits der angedachten Strecke zu gebrauchen, funktionierte daher nicht so gut, da die etwas altertümlichen Drahtesel nur mit recht viel Kraftverschleiß über die Buckelpisten außerhalb des vorgesehenen Wegenetzes gewuchtet werden können. Von den Umständen dazu genötigt, musste ich also schon mittags bei ziemlicher Hitze damit anfangen, etliche verschiedene Weine zu verkosten. Meistens gibt es dabei eine Führung, die im Normalfall nicht länger als 5-10 Minuten dauert und an deren Ende man dann den einen oder anderen Wein probieren kann. Als persönlicher Erfahrungswert blieb bei mir hauptsächlich hängen, dass die teureren Weine, denen besonders viele Eigenschaften des Fasses nachgesagt werden, tatsächlich einige ganz andere Geschmacksnuancen aufweisen. Meist schmeckte ich Erde, modriges Holz und alten Kaffeesatz heraus. Tendentiell sagte mir also eher die billigen Weine zu. Damit fühle ich mich jetzt halbwegs vorbereitet auf den Fall, in Supemarkt mal wieder ahnungslos vorm Weinregal zu stehen: In die unterste Reihe greifen reicht!

Die Rückfahrt war dann nach 4 Weingütern sogar relativ anstrengend, aber irgendwann bin ich wieder in Mendoza angekommen.

Am Donnerstag setzten ich und mein Geldbeutel dann zum Freiflug an. Paragliding hatte ich mir vorgenommen. Das dauert insgesamt gar nicht solange. Man fährt mit einem Jeep eine Rumpelpiste auf 1600 Meter rauf und segelt dann im Tandemflug runter. Das Fluggefühl ist meines Erachtens mit nichts zu vergleichen, was ich jemals vorher gemacht hatte. Es mag daran gelegen haben, dass wir kaum Wind hatten, aber alles ging recht ruhig aber unvorhersehbar vonstatten. Man gleitet gemächlich vor sich hin und plötzlich kippt man nach links oder rechts oder hinten. Leider konnte ich das Fluggefühl nicht völlig genießen, da meinem Bauch das Geschlenker weniger zusagte.

Nach 30 Minuten waren wir dann auch schon unten.

Am Freitag stand dann ein Ausflug in die Anden auf dem Programm. Man fährt dabei einfach das Mendozatal rauf und hält bei gelegentlichen Highlights an. Diese waren vornehmlich der ehemalige Grenzübergang nach Chile auf gut 4000m Höhe, von dem aus man auch den Aconcagua sehen kann, sowie die "Inka-Brücke". Dabei handelt es sich um eine natürlich entstandene Brücke, die vom Wasser einer heißen Quelle unterspült wird. Da dieses Wasser viele verschiedene Mineralien enthält, haben die Steine da etliche bunte Streifen und sehen daher ziemlich abgefahren aus. Zum Ködern von Touristen wurde da mal ein kleines Dorf samt Hotel drum herum gebaut, von dem das Meiste aber bei einem Erdrutsch zerstört wurde. Nur Teile des Hotels und die Kapelle stehen noch.

Der Haken an der ganzen Tour war bloß, dass sie morgens halb 8 begann. Das steht eigentlich im Gegensatz zur sonstigen Zeiteinteilung in Mendoza. Es ist zum Beispiel durchaus üblich, das Familien mit kleinen Kindern noch nachts zwischen 1 und 2 an Restauranttischen sitzen und ihr "Abendbrot" essen. Wer also Tages- und Nachtprogramm haben will, muss den Schlaf eher rationieren.