13Februar
2013

In und um Bariloche

Man stelle sich vor, dass eine Landschaft, geprägt von Fjorden, Wäldern und Bergen zu einem Nationalpark erklärt und dann darin - zwischen See und Hang - eine Stadt gegründet würde, bei derem Gesamtbild versucht wurde, ein klischeehaftes schweizer Dorf nachzuahmen. So in etwa sieht San Carlos de Bariloche aus, bei dessen Stadtnamen zumeist die ersten drei Wörter weggelassen werden.

Im Norden Patagoniens gelegen, gibt es im umliegenden Nationalpark mit dem leicht zu merkenden Namen "Nahuel Huapi" etliche mögliche Aktivitäten die in der Bandbreite von am Strand liegen bis Paragliding alles abdecken. Daher entschied ich mich gleich am ersten Tag für zwei davon, die mir überdies im Hostel empfohlen wurden.

Die Stadt in westlicher Richtung verlassend kann man eine Berg namens Cerro Campanario erklimmen und außerdem eine Fahrradtour machen. Letztere ist eine Art Um-den-See-Tour für die man - so wurde mir berichtet - 5-6 Stunden einplanen kann. Da ich morgens aber ziemlich rumtrödelte kam ich erst recht spät mit dem Bus am Fuße des Cerro Campanario an und entschied mich daher dazu, mit dem Sessellift raufzufahren. Eigentlich ja nicht mein Verkehrsmittel der Wahl, da auf Berge mit Panoramasicht über patagonische Fjordlandschaften klettern ja schon immer zu meinem liebsten Hobbys zählte, aber ich wollte nicht zu viel Zeit für die Radtour mit dem Rauf-und-Runter verplämpern. Die Aussicht von oben ist wirklich spaktakulär und hätte definitiv auch einen Aufstieg zu Fuß gelohnt.

Nachdem ich da oben zwischen den einzelnen Felsen und Aussichtsplattformen herumgeklettert war, fuhr ich wieder nach unten und lief die 400m bis zum Fahrradverleih. Nach 3 Monaten Drahteselabstinenz war ich übrzeugt, hier das Richtige zu tun. Zum Fahrrad dazu erhielt ich einen schlecht sitzenden Helm, eine unglaublich schicke, knallig orange-farbene Weste sowie ein paar Instruktionen. Die gesamte Strecke um den See herum umfasst etwas mehr als 25km und wurde mir als fortwährendes Auf- und Ab beschrieben, für die man 4 Stunden veranschlagen können. Außerdem gebe es zwei mögliche Erweiterungen: Eine zur sogenannten schweizer Kolonie und eine zu einer Bucht, die mit jeweils einer zusätzlichen Stunde Fahrzeit geschätzt wurden. Ich wurde da schon etwas skeptisch, denn laut Karte war eine dieser Erweiterungen nur 3 km lang und ich fragte mich, was für einen Mordsberg es da wohl zu überwinden gäbe, als das man 1 Stunde dafür brauchen könnte. Aber ich frage mal nicht weiter nach und fuhr los. Es ging auch gleich recht ordentlich bergan und nach etwa 1km traf ich auch schon auf die ersten, die sich zum Schieben entschlossen hatten. Davon abgesehen war die Strecke zum Fahren eigentlich sehr schön, aber leider etwas zu stark befahren. Als ich nach einem Viertel der Gesamtstrecke zum Abzweig zur schweizer Kolonie kam, entschied ich mich, die mal zu besuchen. Waren ja erst 20 Minuten rum. Es ging runter vom Asphalt und über eine Schotterpiste. Vorbeifahrende Autos grüßten mich mit imposanten Staubwolken. Die schweizer Kolonie selbst war dann so eine Art Campingplatz mit ein paar Häusern, deren Architektur wohl typisch schweizerisch sein sollte. Für mehr als das Prädikat "nett" reichte es da aber nicht. Im weiteren Verlauf der Tour verschlechterte sich das Wetter, so dass ich mich ein bisschen ins Zeug legte um nicht während des drohenden Regens fahren zu müssen. Das führte dann dazu, dass ich die mit 6 Stunden kalkulierte Strecke bereits nach 2½ abgefahren hatte. Weitere Strecken gab's auch leider nicht, so dass ich eher so halbzufrieden zurück ins Hostel fuhr.

Am nächsten Tag setzte ich mal einen Stadtrundgang an. Vor allem das Zentrum fand ich ziemlich hübsch. Aber auch drum herum macht Bariloche - wahrscheinlich aufgrund seiner Hanglage - was her. Kurios fand ich, das an einigen Stellen die Straßenschilder offenbar mit Werbung fixiert sind. Außerdem gibt es riesige Schokoladen-Läden, die mitunter tempelhaften Charakter haben.

Rückseite des Rathauses

Später bin ich dann mal einen der innerstädtischen Hügel hinaufgekletter und entdeckte da etwas überascht ein paar Ibise auf dem Dach eines Hauses. Dessen Bewohnener bemerkte recht schnell, dass ich von denen Photos machte und kam spontan - nur mit Shorts bekleidet aus der Tür geplauzt. Mit stolz-geschwelltem Bauch berichtete er mir, wie er die Vögel angefüttert hätte und demonstrierte mir das dann auch gleich. Er holte kurz eine Tüte aus seinem Haus und schmiss irgendetwas auf die Wiese und die Ibise machten sich auch artig darüber her. Als ich ihn fragte, was er denen denn verfüttere, entgegnete er nur, dass die eigentlich alles äßen.

Am Montag wollte ich dann mit meinem Zelt zum Cerro Catedral aufbrechen und einen Zwei-Tage-Treck machen. Eigentlich hätte das ja gepasst, da mein Hostel sowieso schon ausgebucht war und ich keine Reservierung hatte. Allerdings machte mir das Wetter dabei einen Strich durch die Rechnung, sodass ich mir spontan noch wo anders eine Unterkunft besorgen musste und den restlichen Tag eher mit Lesen verbrachte.

Am Dienstag erklomm ich dann den Cerro Otto (1405m), der im Winter wohl ein ziemliche großes Ski-Zentrum ist.

Am Mittwoch holte ich dann das nach, was ich eigentlich für Montag & Dienstag eingeplant hatte an einem Tag. Ich wollte mit dem Bus nach Coihues fahren, von dort aus dann um den Cerro Catedral herum zum Refugio Frey laufen und anschließend dem Weg folgend um den Gipfel herum zur Basis des Berges, die Villa Catedral heißt. Ich hatte aber keine Karte oder genaue Wegbeschreibung, sondern wusste bloß, dass man das wohl so ähnlich machen könne und es dabei eine schöne Aussicht zu genießen gäbe. Da das so 8 Stunden zu laufen wären machte ich mich mal halbwegs zeitig auf den Weg und kam gegen 10:00 im Dorf Coihues an. Nachdem ich kurz einen Anwohner nach dem Weg gefragt ging es los.

Nach einer guten Stunde kam ich dann zu meiner Verwirrung in Villa Catedral an. Das hatte ich so ja eigentlich nicht eingeplant. Zwar gab es von hier einen vergleichbaren Weg, wie der von mir geplante, aber ich hatte damit faktisch schon mal 1½ Stunden vertrödelt, was mich in Anbetracht der noch ausstehenden 8 Stunden Wanderung schon ein bisschen aufregte. Aber nach kurzer Zeit fand ich vom Dorf aus den richtigen Weg (der hier auch ausgeschildert war) und war auch bald wieder optimistisch, zumal dieser Abschnitt viel schöner war, als der erstere. Anfangs ging es gemählich voran, immer um den Cerro Catedral herum. Nach etwa einer Stunde ging es dann in den Wald und schon deutlich steiler bergauf. Nur das letzte Stück war dann aber ernsthaftig anstrengend, da steil und recht felsig. Schließlich kam ich nach 2½ Stunden im Refugio Frey an.

Ich machte nur einen kleinen Stopp und füllte meine Wasserflasche auf. Der Rückweg sollte ja anspruchsvoller sein und ich wollte nur ungern im Düsteren über die Felsen krauchen. Es stellte sich dann heraus, das der Weg nicht wirklich um den Berg herum, sondern vielmehr über ihn herüber führte. Das wusste ich vorher nicht und als der Weg eine Lagune entlang direkt zu einer Felswand führte, fragte ich mich schon, wie es denn da wohl weiter ginge.

Die folgenden 2 Stunden waren dann eher Klettern als Wandern. Es ging mehrfach enorm steil bergauf und man brauchte wirklich die Hände um über einige große Felsblöcke zu kommen. Stufen von 1,20m Höhe waren nicht selten. Mit großem Rucksack und Zelt und allem macht das dann wohl keinen Spaß mehr. So aber konnte ich immer wieder die spaktakulären Aussichten genießen. Es wirkte auch viel naturbelassener, da kaum mal eine andere Person zu sehen war. Nach kanpp drei Stunden Klettern kam ich dann auf der anderen Seite des Berges an, auf der dann ziemlich viel Betrieb war. Im Winter ist die Region ein riesiges Ski-Gebiet und es gibt etliche Sessellifte, von denen im Sommer zumindest ein paar betrieben werden. Entsprechend fuhren einige Touristen herauf um im überteuerten Bergrestaurant zu essen oder vor der Aussicht für Photos zu posieren. Ich entschied mich dann auch dazu, via Lift wieder nach unten zu fahren und von da aus mit dem Bus zurück nach Bariloche zu fahren. Das war der definitiv anstrengendste, aber auch spektakulärste Tag in Bariloche.

Wegmarkierungen.