Berichte von 01/2013

31Januar
2013

Wie ich eigentlich ins Konservatorium wollte, dann aber versehentlich in der Brauerei endete.

Da ich zwischen den Tagen mit Konzerten in Frutillar etwas Zeit hatte, entschloss ich mich, die Stadt Valdivia zu besuchen. Muss ja gut sein, hatte ich gedacht, da jeder dem ich von diesem Plan berichtet hatte mir sofort sowas wie "Oah, wie schön" oder so sagte. Ich konnte mir das auch ganz gut vorstellen, war es doch eine historische Universitätsstadt, gelegen an einem Fluss.

In Valdivia angekommen und im Hostel eingecheckt, beschloss ich, zunächst meine Schritte zum Konservatorium zu lenken. Ich war noch in gewisser Weise davon enttäuscht, dass man mich in Frutillar nicht an ein Klavier gelassen hatte und dachte daher, dass dies hier vielleicht möglich sei. Darauf gekommen war ich bloß, weil im Hostel eine Liste mit möglichen Aktivitäten und interessanten Sehenswürdigkeiten aushing und da auch eben jene Musikschule erwähnt wurde.

Allerdings stellte es sich dann als knifflig heraus, diese auch wirklich zu finden. Im Hostel war mir bloß die Straße genannt worden - jedoch ohne Hausnummer. Selbstverständlich schritt ich die daraufhin ab und war der Meinung, das gesuchte Gebäude früher oder später entdecken zu müssen, aber Fehlanzeige. Ich fragte auch ein paar Passanten, aber die waren allesamt noch ahnungsloser als ich.

Etwas ernüchtert davon, ging ich auf dem Rückweg an der Uferpromenade entlang. Da sah ich plötzlich dieses Schild:

Alternativprogramm gefunden!

Kunstmann ist eine national sehr bedeutsame Brauerei aus Valdivia und hier wurde eine Bootstour zur Brauerei beworben. Zeit hatte ich ja ohnehin und ein Ausflug mit dem Schiff zu einer der bekanntesten Attraktionen der Stadt erschien mir da wie eine ausgezeichnete Idee.

Nachdem die ursprünglich Anwandter-Bier genannte Brauerei, die im Stadtzentrum gestanden hatte, beim katastrophalen Erdbeben von 1960 schwer beschädigt worden war, hatte man die neue Brauerei erst in den 90ern etwas außerhalb errichtet. So kam es, dass wir mit dem Boot etwas aus der Stadt rausfuhren und die Landschaft bewundern konnten.

Nach einer kurzen Fahrt samt Erläuterung der Geschichte der Brauerei in Valdivia kamen wir an einer Halbinsel an. Da gab es dann erstmal ein Bier für alle. Nur das anwesende Kind musste leer ausgehen, durfte dafür aber die "Schatzkiste" öffnen, in der das Bier "versteckt" war. Dann ging es nach kurzen Fußmarsch durch den Wald zu einem Kleinbus, der uns zur Brauerei fuhr.

Die Brauerei bietet wenig überaschender Weise die Möglichkeit einer Besichtigung, bei der dann auch das ungefilterte Bier mal probiert werden kann. Auffälliger ist aber, dass davor so eine Art Bier-Themen-Park errichtet wurde, der von den Besuchern als Ausflugsziel für die gamze Familie verstanden zu werden scheint. Vor dem Restaurant, in dem es selbstverständlich auch Kuchen, Eis und Kinderportionen gibt, wurde ziemlich viel Deko in pseudo-deutsch-bayrischen Stil aufgebaut, so das insgesamt ziemlich genau der Punkt getroffen wird, an dem das Unglaubwürdige ins Lächerliche übergeht.

 

Glücklicher Weise hatte ich noch einen zweiten Tag hier Zeit, um auch andere Impressionen aus der Stadt mitzunehmen. Allerdings war es zumindest über weite Teile des Tages regnerisch, weswegen ich mich eher an die Museen hielt.

Die meisten von ihnen sind auf der Kulturpromenade am Seeufer der Teja-Insel angesiedelt und eher ein wilder Misch-Masch aus allem. Sehr interessant und gut gemacht erschien mir aber das 1960-Museum, welches, etwas außerhalb gelegen, die Geschichte des schwersten je gemessenen Erdbebens, welches sich hier am 22. Mai 1960 ereignete, erzählt.

Außerdem konnte ich den Fischmarkt besuchen. Sehenswert ist der vor allem, wenn er gerade geschlossen wird, da dann beim Aufräumen die lokale Fauna, bestehend aus viele Vögeln (u.a. Pelikane) und den bereits erwähnten Seelöwen, behilflich ist.

Alle auf der Lauer...  

30Januar
2013

Musikwochen

Nach einem Tag in Puerto Montt nahm ich einen der im 8-Minuten-Takt verkehrenden Regionalbusse nach Frutillar. Das eigentliche Hauptzeil meiner Reise in dieses Städtchen war der Besuch des Klassikfestivals "Semanas musicales" ("Musikalische Wochen"), welches sich 2013 zum 45 Mal ereignet.

Frutillar selbst unterteilt sich in Ober- und Unterstadt. Die Oberstadt ist ein eher gewöhnliches Dörfchen ohne Sehenswürdigkeiten oder allzu interessante Details, wenngleich die Gegend landschaftlich ziemlich hübsch ist. Reizvoll ist eigentlich nur die Unterstadt, die direkt am Llanquihue-See gelegen, gegenüber des Vulkanes Osorno geradezu unglaubwürdig idyllisch ist:

Es ist immer schönes Wetter, die Häuser sind alle hübsch und aus Holz, es gibt einen Sandstrand und überall gibt es Kuchen. Genaugenommen habe ich noch nie so oft das Wort "Kuchen" gelesen, wie in Frutillar. Fast jedes Haus scheint eine Teilzeitkonditorei zu sein, in der man etliche Varianten guten Kuchens probieren kann. Das einzige große Gebäude der Gegend ist das Theater am See - das südlichste Opernhaus der Welt. Obwohl es ziemlich beeindruckend ist, wirkt es keinesfalls fehlplaziert sondern fügt sich wie der logische Höhepunkt in das Gesamtbild der Strandpromenade.

Das Theater am See Kuchen. Und noch mehr Kuchen Eine von etlichen Unterkünften in Frutillar. Der Osorno am Abend. In der Touristeninfo kann man Fahrräder mit 4 Rädern ausleihen.

Wenn man mal keinen Kuchen möchte gibt es wahlweise nette Bars

Oder folkloristische Feste in der Gegend. Beispielsweise war ich am Sonntag in der Kolonie San Martin, wo es traditionelle Musik und ausreichend flüssige Verpflegung gab.

Die Anreise zu einem solchen Fest gestaltet sich auch im Allgemeinen recht einfach. Man nimmt einfach einen Regionalbus in die Richtung und bittet dann den Busfahrer mal kurz anzuhalten und einen an entsprechender Stelle aussteigen zu lassen. Es ist hier ziemlich normal, dass die Busse auch an der Autobahn mal kurz anhalten, wenn die Gäste nicht an einer der eigentlichen Haltestellen rauswollen. Auf dem Weg zurück nach Frutillar nahmen mich dann einfach ein paar Chilenen mit, bei denen erst 5 Leute auch der Rückbank saßen, weswegen natürlich noch Platz fuer mich war.

Ansonsten gibt es auch hier ein Museum, das die Besiedlungsgeschichte erzählt. Allerdings wurden dazu eher Nachbauten verwendet, die man begehen konnte.

Und im Kinderzimmer gab's sogar 'ne Ritterburg.

Die deutschen Einflüsse kann man aber auch so an eigentlich jeder Straßenecke sehen.

Was mein hiesiges Hauptinteresse anging, so hatte ich mir provisorisch mal Karten für 6 verschiedene Konzerte erstanden, die in zwei unterschiedlichen Sälen stattfanden. Mittags gab es im sogenannten Amphitheater Solisten oder Kammermusik, abends dann orchestrale Werke im Hauptsaal.

Einer der Konzertsäle mit Aussicht auf See und Vulkan.

Glaskare Enttäuschung in Frutillar war hauptsächlich der Mangel an frei zugänglichen Klavieren. Ich hatte ja darauf spakuliert, dass man mich mal irgendwo ein bisschen klimpern ließe, aber das lies sich leider nicht einrichten.

25Januar
2013

Puerto Montt

Nach der Ankunft im Seengebiet gab ich mir mal einen Tag Zeit, die umliegende Stadt zu erkunden.

Im Hafen selbst darf man leider nicht rumlaufen, so dass ich mich auf das Zentrum und eine Art Touristen-Köder-Markt beschränkte. Letzterer ist direkt an der Bucht gelegen und durchaus einen Besuch wert. Man kommt dabei zunächst an einigen Garagen mit Aufbau vorbei, in denen die üblichen Souveniers erworben werden können.

Dann kommt man auf einen kleinen Platz, bei dem am Strand ein Haufen kleine Boote liegen, die teilweise ihre besseren Tage wohl schon hinter sich haben.

Die Fähre mit der ich angekommen bin, ist hier im Hintergrund zu sehen.

Daneben wurde so eine Art Restaurant-Komplex aus vielen kleinen Holzstegen und Hütten zu einem großen Ganzen gebaut. Wenn man den omnipräsenten Fischgeruch ignoriert, kann man die hübsch gemachte Anlage bewundern.

Folgt man dem Strand in anderer Richtung, so kommt man ins Zentrum, welches von geradezu lächerlich vielen Autos durchfahren wird. Puerto Montt ist ja eigentlich nicht allzu groß, aber Busse und etliche PKW winden sich fortwährend durch jede der vielen Gassen zwischen Meer und Hügel. Als innerstädtisches Highlight ist wohl so eine Art Park gedacht, in dem Überbleibsel der Zeit zu sehen sind, als noch Züge durch weite Teile Chiles fuhren.

Im Zentrum selbst gibt es dann nicht so viel interessantes zu sehen. In den meisten Internet-Cafes gibt es kein Skype und in allen Restaurants und Imbissbuden gibt es mehr oder weniger die gleichen vier-fünf Gerichte. Dabei lassen die Namen durchaus oft orientalische, italienische oder notfalls deutsche Speisen vermuten.

Wenn man dann aber reingeht und sich erkundigt, was man denn für arabische Gerichte im "El Oriente" so bestellen könnte, wird einem erklärt, dass es selbstredend chilenische Speisen gebe, was dann meistens Sandwiches oder Hotdogs meint.

Im deutschen Verein kann man dann noch kostenlos das Museum besichtigen und sich die Besiedlungsgeschichte der Region, die so um 1850 begann, zu Gemüte führen.

Die besagt - zusammengefasst - dass die chilenischen Präsidenten ab Mitte des 19 Jhds. beschlossen, das damals noch spärlich besiedelte und unterentwickelte Seengebiet zu kolonisieren und offerierten daher Land an ausländische Handwerker, Kaufleute und andere ausgebildete Leute. Dem folgten - frustriert vom Scheitern der liberalen Revolution - hauptsächlich Deutsche, später auch einige Kroaten. Deswegen gibt es hier auch heute noch Brauereien mit Namen und Slogans wie "Kunstmann - das gute Bier" und "Salzburg - extremes Bier", sowie Kuchen in vielen Kaffees.

25Januar
2013

Durch die Fjorde

Getreu dem Motto "Der Weg ist das Ziel", bestieg ich am Abend nach der Rückkehr aus Argentinien die "Evangelistas". Dabei handelt es sich um eine Fähre der Kompanie Navimag, die zwischen Puerto Natales und Puerto Montt im chilenischen Seengebiet pendelt. Die Überfahrt dauert etwa 4 Tage und die Route führt die meiste Zeit über durch die Fjorde und Kanäle zwischen den mehr als 2000 Südchilenischen Inseln.

Nachdem wir in der Nacht von Montag auf Dienstag abgelegt hatten, ging es im Verlaufe des Dienstags durch einige Engpässe.

Der engste Pass der Reise: Der Kirke-Pass Unfassbar viele Inseln säumen die Strecke. Da es kein offenes Meer ist, war das Wasser sehr ruhig. Die Inseln waren dabei allesamt bis zum letzten Meter mit Bäumen bewachsen. Ein paar Seelöwen waren immermal zu sehen. Andere Schiffe auch. Etwas später gab es dann auch größere Berge zu sehen. Kanalpanorama Die Brücke konnte besichtigt werden.

In der Nacht zum Mittwoch legten wir dann kurz bei Puerto Eden an. Zu sehen gab es aber nicht allzu viel.

Beim Zwischenstopp war es noch recht dunkel. Das war so ziemlich alles, was von Puerto Eden zu sehen war.

Später im Verlaufe des Tages, als wir uns dem Golf von Pena näherten hatten wir dann eher schlechtes Wetter, sodass der Skua-Gletscher nicht sonderlich gut zu sehen war.

Schiffsflagge im Wind: ich meine dort einen Feuerspeienden Delphin zu sehen. Hinter den schwarzen Felsen gibt es theoretisch noch einen Riesen-Gletscher zu sehen. Da hinten klart es auf Die windfeste Jacke zahlte sich echt aus.

Ansonsten gab es noch einige Tiere zu sehen. Am leichtesten zu erspähen waren dabei die Kühe, die auch einem Laster in der Fähre standen. Des Weiteren gab es zwei verschiedene Albatros-Arten zu bestaunen. Diese unterscheiden sich vor allem daruch von Möwen, dass sie fast nie mit den Flügeln schlagen. Die gleiten einfach nur so vor sich hin. Einmal durften wir eine Schule von Peale-Delfinen erblicken. Die waren offenbar bei der Jagd, den sie hatten einige Seevögel im Schlepptau, die offenbar den gleichen Fischschwarm im Visir hatten. Wenngleich die Delfine wirklich aus dem Wasser springen, und sogar halbwegs nah am Schiff waren, ist mir leider kein Bild davon geglückt.

Außerdem konnten wir zwei verschiedene Arten von Walen "sehen". Es handelte sich um Südkaper und Blauwale, die aber nur in reichlicher Entfernung kurz zum Atmen auftauchten. Folglich waren nur die fontänenartigen Ausstöße zu sehen und vielleicht mal ein Huckel vom Wal. Daran gemessen kann ich jetzt immerhin voller Stolz von mir behaupten, die Nasenlöcher der größten Tiere des Planeten gesehen zu haben.

Damit die Überfahrt nicht langweilig wird, gab es regelmäßige Vorträge oder zum Beispiel Filme zu sehen.

Schach hätte man auch spielen können. Gut zu beobachten: Kühe auf Reise Sonnenuntergang Der Mond war aber auch meist recht hell.

Am Freitag, dem 25.01. kamen wir dann morgens in Puerto Montt an.

19Januar
2013

El Calafate

Da meine Touristenkarte (quasi ein für begrenzte Zeit gültiges Visum, welches man in Chile automatisch bei der Einreise erhält) abzulaufen drohte und ich bis zum Ablegen der Navimag-Fähre am Montag auch noch etwas Zeit hatte, entschied ich mich, das Wochenende über im argentinischen Teil Südpatagoniens zu verbringen.

Die Wahl fiel dabei auf das Örtchen El Calafate, gelegen am Lago Argentino. Dabei nahm ich ein Komplettangebot von Puerto Natales aus, welches mich direkt bis zum bei El Calafate gelegenen Nationalpark "Los Glaciares" brachte und auf dem Rückweg in der Stadt absetzte. Die Hauptattraktionen in besagtem Park sind - welch Überaschung - Gletscher. Für Tagesausflüge besonders gut geeignet ist dabei der Perito Moreno-Gletscher, da man da recht einfach hinkommt.

Vom Aussichtspunkt kann man einer typischen Touristenaktivitäte nachgehen. Posieren mit Landschaft im Hintergrund. ...und so sieht das ohne Touristen aus.

Wenn man sich dem See nähert, kann man auf ein Schiffchen wechseln, welches einen dann richtig nah an den Eisklotz heran fährt. Ein im Grunde unausweichliches Highlight, da man erst aus der Nähe dessen Größe richtig einschätzen kann. Das war wohl immer so ein bisschen das Problem mit dem Grey-Gletscher im Torres-Del-Paine-Nationalpark, da ich da nie so richtig wusste, wie hoch der eigentlich ist. Mittlerweile habe ich erfahren, dass es gut 30m sind. Der Perito Moreno hingegen ist doppelt so hoch und daher unglaublich beeindruckend, wenn man mit dem Schiff nah ran kann.

Hier mal der Gletscher mit einem Schiff als Größenvergleich. An dieser Stelle, ist ein großer Brocken umgestürzt und auf einer Halbinsel gelandet. Mittlerweile unterspült, gibt es eine ziemlich coole Höhle. Details der Spitzen Gletscherhöhle

Vor allem von der Höhle brachen immer wieder große Stücke ab, die dann unter lautem Krachen in den See stürzten - ein ziemliches Spektakel ist das.

Man kann auch auf die Halbinsel fahren und dann da zwischen verschiedenen Aussichtspunkten rumklettern und hat dabei eher eine Draufsicht. Erwähnenswert ist noch, dass es ein sehr warmer Tag war. Gerade bei 32º wirkt es geradezu surreal, wenn man durch den Wald zum See geht und dann dieses riesige Ungetüm aus Eis geradezu über dem See schwebt.

Panorama auf den Gletscher Die Höhle von der anderen Seite

Danacht ging es dann nach El Calafate, wo ich ausstieg und noch etwa 1½ Tage Zeit hatte, das Dorf zu erkunden. Unter anderem traf ich dabei auf Nicolas und Hanne, die ebenfalls den Gletscher besichtigt hatten und auf dem Weg nach El Chalten waren - also noch mehr Gletscher und Berge für die beiden.

Grundsätzlich ist El Calafate - im Gegensatz zu Puerto Natales - nicht nur eine Art Sprungbrett für die Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Es ist auch selbst einen Besuch wert. Vor allem gibt es Bäume in der Stadt und die Häuser sind ganz hübsch gemacht.

In El Calafate Hier können die ganzen wenig günstigen Souveniers gekauft werden. Hauptstraße in El Calafate Wegweiser zu anderen Gletschern. Statue vor einem Outdoor-Laden Typisches Haus in El Calafate: Dach bis zum Boden runter Dem Anblick zum Trotz kein Nachtbus: Oldtimer im Straßenlaternenlicht. Aussicht auf den Lago Argentino Im Touristenzentrum werden einem Pflanzen und Entdecker der Gegend vorgestellt.

Am Sonntag besichtigte ich dann die Nimez-Lagune am Lago Argentino, bei der man zahlreiche Vögel beobachten konnte.

Flamingos: Wohl die Hauptattraktion. Die Schreivögel aus dem Park gab es auch zu sehen. Nach einiger Recherche musste ich feststellen, dass die wohl gar keinen deutschen Namen haben. Auf englisch heißen Southern Lapwing. Greifvogel im Flug. Trotz Versteck im Calafate-Strauch entdeckt Gänse beim Posieren ... und beim Futtern.

Beim Umkreisen der Lagune passierte mir dann etwas, was ich so noch nie gesehen hatte. Ein Greifvogel war ob meiner Gegenwart wohl so erbost, dass er enorm aggresiv versuchte, mich zu vertreiben. Möglicherweise hatte er ja ein Nest in der Nähe und sah mich als Bedrohung. Jedenfalls kam er immerzu schreiend um mit ausgestreckte Klauen voran auf mich zugeflogen und drehte erst im letzten Moment ab. Leider habe ich ihn nie richtig gut im Anflug ablichten können, da der Anblick des herandonnernden Vogels schon beeindruckend ist. Ich ging dann auch zügig weiter und als ich ein gutes Stück weiter war, beruhigte er sich dann auch.

Da kann man erkennen, wie er angeflogen kommt Nach der ersten runde dreht er ab, um setzt zu einem neuen Angriff an. Recht kurz nach einer Attacke Da hockt er und schreit.

Ansonsten gab es noch einige andere Greifvögel und einiges Entenarten zu sehen, die aber alle friedfertig waren.

Enten... Zum Beispiel mit blauem Schnabel oder mit gelbem. Greifvögel gab es gleich Rudelweise Hier mal einer beim Abflug. Nochmal eine Runde Flamingos.

Etwas später besuchte ich dann noch das lokale Museum für Geschichte vom Erdaltertum bis 1950.

Dinosaurier hatten sie hier in der Gegend ausgebuddelt... und auch einige prähistorische Riesensäugetiere.

Am Montag ging es dann mit dem Bus zurück nach Puerto Natales und ich erhielt meine neue Touristenkarte, die mir 90 Tage weiteren Aufenthalt in Chile gewährt.

18Januar
2013

Im Reich des Riesenfaultiers

Damit gleich zu Beginn geklärt ist, wo ich mich hier befinde...

Bei 51º 43' 28'' südlicher Breite befindet sich die Kleinstadt Puerto Natales. Das ist so abgelegen, dass Google Maps noch nicht mal die dortigen Straßen kennt. Es gibt eigentlich in der Stadt nichts interessantes. Keine Sehenswürdigkeiten, kein Theater oder Kino. Die Strandpromenade ist ziemlich trist und das innerstädtisch Bild ist von Einförmigkeit geprägt, davon abgesehen, dass einige der Häuser stärker von Wind und Wetter gezeichnet sind als andere.

Im Hafen steppt nicht gerade der Bär... Wahrscheinlich Kunst: Dekoration am Strand. Der zentrale Platz der Stadt: Nicht viel los...

Dennoch ist dieses Nest sowas wie das kosmopolitische Zentrum Chiles, oder - seine Lage in Betracht ziehend - einer der Eckpfeiler. Dies ist ziemlich offensichtlich, wenn man durch die Straßen schlendert und jedes zweite Haus Werbebanden in englischer Sprache hat. Überdies gibt es einen eigenen Flughafen und Anbindungen in alle Richtungen die mit dem Auto oder dem Schiff genutzt werden können.

Was die Stadt zum absoluten Touristenmagneten macht ist die Umgebung. Gelegen zwischen verschiedenen Natiolaparks (Torres del Paine, O'Higgins, El Chalten...), sowohl auf chilenischer als auch auf argentinischer Seite, beherbergt jedes zweite Haus irgendeine Form von Unterkunft - zumeist Hostels - oder aber ein Reiseunternehmen, um den abenteuerlustigen Touristen beim Zwischenstopp behilflich zu sein. Die Offiziellen der Stadt haben aber etwas anderes als Highlight auserkoren.

Vor etwa 130 Jahren entdeckten europäische Forscher in einer nahegelegenen Höhle die Überreste eines eiszeitlichen Tieres, welches nun als Stadtmaskottchen herhalten muss. Was Berlin der Bär, Leipzig der Löwe und Jena der Pappmachè-Drache, ist Puerto Natales das Riesenfaultier. Schon am Ortseingang begrüßt einen daher die Statue eines solchen Urzeittieres.

Willkommen im Reich des Riesenfaultiers!

Auch auf sämtlichen Straßenschildern ist dessen Silhouette abgebildet und etlich Einrichtungen tragen den Namen dieser Spezies. So gibt es den Riesenfaultier-Waschservice, das Riesenfaultier-Hotel und natürlich die Riesenfaultier-Pizzeria. Ein wirklich grandioser Umstand, der erfolgreich dazu einlädt, mal ein paar entspannte Tage nach Klettern in den Bergen oder Rafting auf den Flüssen einzulegen.

In Anlehnung daran würde ich Berlin als neues Wappentier daher auch den Vogel Strauß empfehlen. Das wäre meines Erachtens gegenwärtig viel treffender und den Berlinern wohl ein Trost: Flugunfähig zwar, aber dafür groß und in der ganzen Welt berühmt.

17Januar
2013

Tagebuch eines Zeltbewohners - 6. und letzter Teil

Dienstag, 15.01.

Nachdem ich ein paar Tage lang in Punta Arenas auf der faulen Haut lag und mir die Zeit eher mit vielen Filmen und immerhin einem Museumsbesuch vertrieb, durfte ich mich am Dienstag wieder frühzeitig aus dem Bett wuchten um den 7:00-Bus zum Park zu erwischen. Eigentlich hätte das diesmal ja leichter verschmerzbar sein sollen als beim letzten Mal, da ich in einem anderen Hostel war, indem leider kein Koch namens Luiz ein ordentliches Frühstück zubereitete. Aber dafür waren in diesem am Abend zuvor etliche neue Gäste angekommen, sodass aufgrund der allgemeinen Lautstärke vor 2:00 nicht ans Schlafen zu denken war.

Entsprechend wenig ausgeruht fiel ich daher mittags im Park aus dem Bus. Im Casino traf ich lediglich auf Mica, die überascht war, dass ich überhaupt zurückgekehrt war und mich darüber in Kenntnis setzte, was in der Zwischenzeit so alles vorgefallen war. Sie hatte einiges zu berichten:

Kurz nachdem ich mich vorübergehend ausgeklinkt hatte, gab es wohl Zoff zwischen Anna und Paul auf der einen und Marcela auf der anderen Seite. Vor allem Paul war ja schon länger kurz vor der Meuterei und er war ziemlich erbost darüber, dass die 15-Tage-Freiwilligen keine freien Tage erhielten - insbesondere, weil es auf der AMA-Homepage eigentlich so angekündigt wurde. Offenbar hieß es dann in der Konsequenz, dass die beiden gehen könnten, dann aber auch nicht zurückzukehren bräuchten, was die dann auch taten. Zwei Tage später hatten sich dann wohl auch die beiden Belgier ausgeklinkt, wobei es bei denen wohl versöhnlicher zugegangen sein soll. Mica selbst war sauer auf Marcela, weil diese die vereinbarte Zeit für den Geologievortrag, den Mica hätte halten sollen, bestritt. Eigentlich ja keine große Sache, zumal das ja auch auf den ausgehängten Plakaten bereits abgedruckt war, aber für reichlich schlechte Atmosphäre hatte das auch gesorgt. Überdies war Blandine von ihrem einen ausgehandelten freien Tag nicht zurückgekehrt und wohl länger mit Liron auf Tour geblieben. Louise hielt sich aus allem raus und bereitete für sich eine große Rundtour durch den Park vor. Wegen anderer Details hatte es des Weiteren auch Diskussionen zwischen Rebecca, Sara und Marcela gegeben. Kurzum: Alles war zerfahren und mal abgesehen von den CONAF-Einsätzen war niemand mehr mit irgendwas beschäftigt.

Als sich dann nach und nach auch Louise, Rebecca, Sara und Marcela am Mittagstisch einfanden herrschte aber immerhin eine halbwegs friedfertige Stimmung. Später im Verlaufe des Tages kündigte dann Sara ihr Praktikum und Louise verabschiedete sich, um die "Backside" in Angriff zu nehmen. Außerdem nahm Rebecca den Bus nach Puerto Natales.

Nachmittags tarf ich Scott. Wir plauderten ein bisschen über meine Pläne für die nächste Zeit. Ich hatte bereits beschlossen, nach meinem anstehenden Ausflug nach El Calafate nicht mittels Bus über Bariloche ins Seengebiet zu fahren, sondern stattdessen nach Puerto Natales zurückzukehren und nach Puerto Montt zu fliegen. Er brachte mich aber auf die noch bessere Idee, stattdessen die Navimag-Fähre zu nehmen, was ich hier wohl später genauer ausführen werde - Danke Scott đŸ˜‰

Um einen versöhnlichen Abschluss aller bei AMA-Beteiligten zu finden, konnten sich die Verbliebenen dann am Abend noch auf eine letzte Tagesexkursion zu den Torres einigen. Aufgrund von Bedenken wegen meines Knies wurde mir davon abgeraten und empfohlen, stattdessen einfach bei einer vom Hotel organisierten Tour mitzumachen. Marcela selbst wollte sich nochmal für einen Tag ausklinken und erst am 17. zusammen mit den neuen Freiwilligen (der Theorie nach 12!) zurückkehren. Da auch

Mittwoch, 16.01.

Als Mica und ich am Frühstückstisch saßen gesellte sich Marcela zu uns und entschuldigte sich, für alles, was vorgefallen war und hätte besser laufen sollen. Sie erklärte, dass ihr das selbst gerade alles zu viel sei und nicht wisse wie sie die ganzen Projekte und Freiwilligen alle auf einmal und vor allem im Alleingang organisieren sollte. Wenngleich ich ihr die Reue abnahm, hatte ich arge Zweifel, dass sie wirklich etwas systematisch würde anders machen, um diese Probleme in Zukunft zu vermeiden. Dennoch lasse ich das mal als erfolgreiche Ehrenrettung gelten.

Gemeinsam mit dem Tour-Guide Felipe, dem Fahrer Juanito und vier Hotelgästen ging es dann ab 9:30 dann im Van auf die Full-Day-Paine-Tour.

Zunächst ging es an der Laguna Amarga vorbei zu einigen Aussichtspunkten an den Seen Pehoe, Sarmiento, Nordenskjöld und Toro, sowie dem Salto-Grande-Wasserfall. Einiges davon kannte ich schon, aber insbesondere den Wasserfall hatte ich bisher nicht gesehen. Gut, dass ich das nachholen konnte, denn er ist wirklich sehenswert.

Panorama von der Schwanen-Lagune Felipe (hinten) und die anderen Mitfahrer Der Sarmiento-See Paine-Grande-Wasserfall Ein bisschen weiter unten am Wasserfall Mit dem Berg Paine Grande im Hintergrund Der Wasserfall macht hübsche Regenbogeneffekte...die sich je nach Wassermenge immer ändern. Aussicht auf den Pehoe-See mit der Hotel-Insel darauf. Neben Torres de Patagonia gibt es noch 4 andere Hotels im Park, das ist eines davon. Ufer am Pehoe-See Eine Insel im Pehoe-See

Danach ging es dann zum Hotel am Grey-See, in den der Gletscher gleichen namens kalbt. Den Gletscher selbst kannte ich zwar schon, aber diesmal waren wir auf der anderen Seite des Sees. Nach einer kurzen Pause ging es von da aus weiter zum Ablegepunkt der Gletscherfähre mit der Touristen sich dieses Naturphänomen mal aus der Nähe anschauen konnten. Die ganze Szenerie ist ziemlich erstaunlich. Man kommt da aus einem Lenga-Wald (Patagonische Baumart) heraus an den grobkörnigen Strand und sieht den See vor sich. Im Hintergrund befinden das Paine-Massiv mit den Cuernos und auf dem See schwimmen einfach so ein paar Eisberge rum. Außerdem gibt es mitten im See eine Insel, die saisonal über eine natürlich entstehende Landbrücke erreicht werden kann. Diese macht einen ziemlich schrägen Eindruck, da sie eher wie ein Steg aus Sand wirkt, den jemand zwischen Festland und Insel gebaut hat.

Landbrücke über den Grey-See mit Gletscher im Hintergrund Eisberge runden die Szenerie zu einem bizarren Ganzen ab Über einen Sandstrand kann man direkt zur  Panorama vom Strand aus Strandbucht Alle warten aufdas Schiff Ein Gletscher tuckert ein bisschen über den See

Da ich spontan und ohne Bezahlung mit dabei war, hatte ich aber keine Reservierung für das Boot und erkundete stattdessen die Halbinsel, die im See anzufinden war. Die ist auch schon echt interessant und außerdem traf ich den Tour-Guide Tito wieder, den ich schon von meiner Feuerland-Tour kannte und der heute die Marathon-Torres-Del-Paine-Tour von Punta Arenas aus mit einigen Touristen machte.

Überaschend wieder angetroffen: Tito (in orangener Jacke) Auf der Halbinsel gibt es einen Aussichtspunkt, von dem aus man prima die Eisberge bestaunen kann. Es war im Übrigen etwas windig Eisberg im Detail Vom Wind geprägter Baum auf der Halbinsel Eis-Himmel-Baum-Collage Torbogen auf dem Weg zurück zur Landverbindung.

Gegen Abend kamen wir dann alle wieder zufrieden beim Las-Torres-Hotel an.

Donnerstag, 17.01.

Am letzten Tag im Park war ich Vormittags nochmal bei CONAF um mich von den Park-Rangern zu verabschieden. Die Gelegenheit nutzten wir natürlich um ein paar möglichst alberne Photos zu machen, die einer schlechten 90er-Jahre-Band sicherlich zum Ruhm gereicht hätten.

Park-Rangers Hier gaben wir uns so seriös wie möglich.

Bis zur Abfahrt im Bus vertrieb ich mir dann noch die Zeit damit, mein Zelt abzubauen und zusammen mit meinem ganzen anderen Plunder in den Rucksack zu quetschen.

Als Abschlussfazit zum Park muss ich wohl sagen, dass die Landschaft und viele Sachen, die ich hier gesehen habe wirklich beeindruckend waren und auf jeden Fall empfehlenswert sind. Die Freiwilligenarbeit hingegen war eher albern und ein organisatorisches Chaos, was aber den Gesamteindruck nicht allzu sehr nach unten zieht.

10Januar
2013

Tagebuch eines Zeltbewohners - Teil 5

Montag, 7.1.

Ich stand am frühen Morgen auf und musste leider feststellen, dass es regnete. Daher entschloss ich mich, erst zum Frühstück zu stiefeln und danach mein Zelt abzubauen, hoffend, dass der Regen bis dahin nachlassen würde. Ich hatte etwas Glück, denn innerhalb von 30 Minuten klarte es auf und ich konnte meine Behausung so verstauen, dass zumindest der Innenteil trocken blieb.

Einmal noch auf's Töpfchen und dann ging's auch schon los. Oder eher weiter, was den Regen anging. Da ich aber nicht noch länger rumtrödeln wollte, machte ich mich letztlich bei leichtem Regen auf den Weg Richtung Serón. Nach etwa einer halben Stunde wähnte ich das Glück auf meiner Seite, als der Regen nachließ und die Sonne spitzbübisch zwischen den Wolken hervorlugte. Voller Motivation watete ich weiter den Weg entlang, der aufgrund der jüngsten Niederschläge eine ziemlich cremige Konsistenz hatte, was ein allzu schnelles Vorankommen eher behinderte.

Nach einer guten Stunde - die Hälfte der Strecke nach Serón hatte ich wohl schon hinter mir - sah ich eine Gruppe Wanderer auf dem Weg stehen. Einer von ihnen schlich mir sogleich entgegen, mir mit den Händen signalisierend, ich möge stoppen. Als er meine Verwirrung bemerkte, flüsterte er mir nur "Puma" entgegen. Ich wurde darüber aufgeklärt, dass ein solcher es sich wohl direkt um die Ecke auf dem Weg gemütlich gemacht hätte und dass ein anderes Tier sich links des Weges am Hang befände, wobei bei diesem nicht klar sei, um was für eine Spezies es sich handele. Wir schlichen langsam zusammen weiter, nun in einer Gruppe von 5 Leuten. Während mindestens der nächsten halben Stunde hielt ich regelmäßig in alle Richtungen nach übergroßen Katzen Ausschau. Um das mal gleich vorwegzunehmen: Den Puma bekam ich nicht zu Gesicht. Ihm wird aber auch allgemein attestiert, ein enorm scheues Tier zu sein und zu fliehen, sobald Menschen in der Nähe sind. Wie dem auch sei, meine vier neuen Reisegenossen stellten sich dann als Brasilianer heraus, die ebenfalls noch bis nach Dickson laufen und in Serón Zwischenstopp machen wollten. Insbesondere bei den zahlreichen Flussüberquerungen im Tal um Serón herum war dann auch eine helfende Hand immer willkommen. Ein Malheur geschah dabei an einer provisorisch aus Ästen gebastelten Brücke. Beim Versuch, mir zu helfen und gleichzeitig die Balance auf einem Ast zu halten, rutschte einer der Brasilianer aus und landete direkt im Fluss, der freilich nicht tief war, aber immerhin seinen Rucksack und einen erheblichen Teil seiner Kleidung ordentlich einweichte. Mich zog er dabei so halb hinterher, wobei ich nur mit einem Fuß im Wasser landete.

Folglich war dann der restliche Weg eher ungemütlich. Außerdem wurde es recht windig und starker Regen setzte ein. Als wäre das der schlechten Nachrichten nicht schon genug gewesen, trafen wir etwas später auf etliche andere Wanderer, die uns entgegenkamen und berichteten, dass der Pass, welcher am übernächsten Tag hätte überquert werden müssen, aufgrund der schwierigen Witterungsbedingungen für mindestens 3 Tage geschlossen sei und wir bestenfalls bis zum Dickson-Refugio weiterlaufen könnten. Da wir ohnehin schon fast in Serón waren, beschlossen wir, zunächst bis dahin zu gehen und dort die Meinung der Camping-Platz-Crew einzuholen.

Von denen war nur ein gewisser Gabriel zugegen, den ich noch von meinem ersten Ausflug nach Serón kannte und der uns bestätigte, dass de facto die Backside nicht passiert werden könne, weil es auf dem Pass viel Schnee gegeben hätte, der bei den anstehenden Winden nicht sicher passiert werden könne. Die Brasilianer entschlossen sich dazu, zurückzukehren und stattdessen das "W" abzuklappern, für das man nicht über den Pass muss. Ich unternahm spontan die "Recycling-Untersuchung" in Serón, um das Marcela dann als Arbeitstag verkaufen zu können und meine freien Tage später zu nehmen. Nach etwa 20 Minuten machten wir uns also allesamt auf den Rückweg.

Tal um Serón herum, als der Regen nachlies. Der Typ mit der grünen Jacke bin ich. Zwischendrin gesehen: Ein Paar Schopfkarakaras, die hier nur Caranchos genannt werden. Nochmal die gleichen Biester Die vier Brasilianer

Während der Rückkehr - es regnete immer noch, wenngleich weniger stark - kamen mir Anna und Nicolas entgegen, die losgeschickt worden waren, um die "Untersuchung" vorzunehmen, die ich schon erledigt hatte. Daher kehrten auch sie spontan um und etwas später trafen wir dann auf Louise, Paul und Rebecca, die Wegmarkierungen setzten oder vielmehr im Schlamm eingruben. Mir wurde erklärt, dass sie alle zusammen etwa eine Stunde nach mir aufgebrochen waren, als kurz mal die Sonne zu sehen war und machten nun alle einen recht genervten Eindruck.

Relevant ist dann noch, das auf dem Rückweg mein linkes Knie anfing rumzuzicken. Es hatte während der vergangenen Wochen schon immer mal ein wenig geschmerzt, aber immer nur vorübergehend und ich hatte es auf die physische Belastung geschoben. Diesmal war es aber definitiv deutlicher als zuvor und hielt auch mehrere Stunden an, sodass ich mich am Abend dazu genötigt sah, Marcela zu konsultieren.

Nachdem sie die letzten Tage über immer einen recht genervten Eindruck gemacht hatte (da auch die anderen Freiwilligen regelmäßig nörgelten), schien sie recht gelassen zu sein und zeigte sich verständnisvoll für meine Anliegen, die freien Tage doch später zu nehmen und außerdem nach Puerto Natales zu gehen, um mal einen Mediziner zu Rate zu ziehen. Für letzteres wurde dann der Folgetag, der 8.1., auserkoren.

Dienstag, 8.1.

Im Verlaufe des Tages, ließ ich mir von Liron, dem Israeli, den Blandine irgendwo aufgegabelt hatte, dessen gegenwärtige Situation erklären. Offenbar konnte er mit Marcela einen Deal aushandeln und half bei uns daher für eine Woche aus. Folglich waren wir nunmehr de facto 10 Freiwillige, wobei Mica und Louise nicht zugegen waren. Sie hatten ihre freien Tage genommen, um den Pingo-Gletscher zu sehen und würden daher erst wieder am 11. auftauchen. Mit der restlichen Besatzung arbeiteten wir dann fast alle an den Verkleidungen für die neuen Container, denn das Mülltrennungsprogramm ohne zugehöriges Recycling hatte jetzt höchste Priorität. Nur die Einsätze bei Conaf und ein paar kleinere Nebentätigkeiten lagen noch an, sodass wir fast alle im Werkhof waren und Holzkästen bastelten.

Rebecca beim anpinseln des Holzes - Sie war da eigenen Angaben zu Folge geringfügig high von der Farbe, die man in dem kleinen deutlich riechen konnte. Hier sehen wir Blandine, Liron, Nicolas und Paul beim Schreinern Anna und Hanne beim Befüllen von EcoBricks mit irgendwelchen Papierabfällen.

Am Nachmittag durfte ich mich dann nach Puerto Natales absetzen. Einer der Fahrer (Nelson mit Namen) hatte wohl eine Ladung Müll aus dem Park abzutransportieren und würde am Folgetag zurückkehren. Da er ohnehin fuhr, nahm er mich in seinem Laster mit. Während der Fahrt ließ er meist sehr laut das Radio laufen und pfiff oder sang laut und falsch mit.

Puerto Natales selbst ist die nächste Stadt am Park und mit knapp 20.000 Einwohnern ein eher kleineres Kaliber. Allerdings gibt es da für die ganzen Parktouristen ausreichend Übernachtungsmöglichkeiten und ein Hospital um die wichtigsten medizinischen Fälle abzuhandeln. Ich kam schonmal probehalber im Hostel "Erratic Rock" unter, dass ich eigentlich erst nach meiner Zeit im Park besuchen wollte. Aber die Betreiber sind von den Voluntären immer begeistert und geben ordentlich Rabatt, weswegen ich schonmal vorzeitig vorbeikam. Die tolle Atmosphäre und der gute Rundum-Service machen es auch zu einem sehr empfehlenswerten Hostel.

Im Hostipal wurde mir nach einer kurzen Untersuchung mitgeteilt, dass ich es mit einer Sehnenentzündung zu tun hätte. Nichts allzu kritisches, aber mir wurden Medikamente und eine Bandage aufgeschwatzt. Vor allem aber hatte ich für die nächsten Tage ein Wander- und Trekkingverbot erhalten, weswegen ich die Backside wohl vergessen konnte.

Mittwoch, 9.1.

Nach Frühstück mit hausgemachtem Brot im "Erratic Rock" holte mich Nelson ab und es ging zurück zum Park, nur dass er diesmal noch lauter und falscher sang, als am Vortag.

Nach der Ankunft war Marcela nicht aufzufinden, sondern bloß Sara, die stellvertretend die Aufgaben verteilte, aber nicht wirklich wusste, was sie mich machen lassen sollte, sodass ich ein paar Kleinigkeiten (Wäsche waschen) erledigen konnte. Gegen 17:30 trafen wir uns dann alle und auch Marcela war zugegen. Es war schnell geklärt, dass ich meine freien Tage als Alternative in Punta Arenas verbringen würde und dies aufgrund der Busfahrpläne wohl nur zwischen dem 10. und 15. machen könnte. Später am Abend gab es dann noch ein ungewöhnliches Wetterphänomen. Es war enorm windig, um nicht von Sturm zu reden und selbst im Salon des Hotels konnte man sehen (!), wie das Wetter am Haus zerrte. Aber dennoch war es unglaublich warm, was einen vor allem überraschte, wenn man vom Salon nach draußen kam. Sich dann in das Zelt zu legen, war geradezu spannend, da ich mir nicht so ganz sicher war, ob es diesen Wind überstehen würde.

Donnerstag, 10.1.

Motiviert davon, dass mein Zelt noch da stand, wo ich es zuletzt aufgestellt hatte, ging es nach dem Frühstück zur Aushilfsarbeit bei CONAF. Da wir zu dritt anrückten (mit dabei waren noch Liron und Hanne), gab es nicht allzu viel zu tun. Nachdem wir zurückkamen, war ich hauptsächlich damit beschäftigt, mein Zelt abzubauen und in unserem Schuppen unterzubringen sowie mein restliches Zeug in den Rucksack zu stopfen.

Gegen 15:00 nahm ich dann den Bus nach Punta Arenas, d.h. ich kam gegen 20:00 dort an und quartierte mich im "Backpackers Paradies" ein. Für die freien Tage sind eher von Trägheit geprägte Tätigkeiten, wie in's Kino gehen, geplant. In jedem Falle kann ich das dann aber nicht mehr als Tagebuch eines Zeltbewohners verkaufen. Teil 6 gibt es dann wohl noch für die Tage vom 15.-17.

06Januar
2013

Tagebuch eines Zeltbewohners - Teil 4

Dienstag, 1.1.

Da ich es am Vorabend rechtzeitig schaffte, mich auszuklinken, konnte ich ohne Kater und nur geringfügig übermüded aufstehen. Beim Frühstück war ich de facto alleine. Mica tauchte noch kurz auf, bevor ich mich auf den Weg zu CONAF machte um dort einen entspannten Vormittag zu haben. Es war keine große Überraschung, dass an diesem Tag nicht allzu viele Touristen ankamen und so konnten die Erläuterungen und Einweisungen vor kleinem Publikum gemacht werden.

Zurück im Camp traf ich erst Louise und später Mica, die mir beide reklärten, dass Marcela noch nicht wieder aufgetaucht sei, wenngleich sie eigentlich am 31.12. schon hätte zurückkehren sollen. Die überaschende Freizeit nutzte ich für einen Spaziergang vom Parkeingang bei CONAF zum Sarmiento-See. Landschaftlich war das im Vergleich mit den Bergen weiter im Norden zwar eher öde, aber dafür gab es reichlich Tiere zu sehen. Allen voran etliche Guanacos, die ich bisher ja nur aus dem Bus kannte. Im Grunde war der Pfad eine regelrechte Guanaco-Allee, bei dessen Nutzung man fast zwangsläufig sehr nah an die Burschen ran kommt und insbesondere bei den vielen Jungtieren das sehr flauschig ausschauende Fell auch mal aus der Nähe betrachten kann. Ansonsten gab es zahlreiche Vögel zu sehen, von denen ich aber nur Ñandús mit Namen identifizieren konnte.

Guanaco steht vorm Almirante Nieto Motiv

Abends fing ich dann mal mit einem neuen Buch an. Nachdem ich den "Man from St. Petersburg" schon vor ein paar Tagen abgeschlossen hatte, stand nun Stephen Booths "The Devil's Edge" auf dem Programm.

Mittwoch, 2.1.

Vormittags lieferte ich mir über mehrere Stunden einen enorm spannenden Kampf mit meiner eigenen Trägheit, den ich aber durch technischen K.O. verlor. Irgendwann schnappte ich dann das Gerücht auf, dass Marcela wohl Mittags zurückkehren würde, also zusammen mit den neuen Freiwilligen, die das nächste 15-Tage-Programm bestreiten würden. Und so kam es dann auch. Mittags wurde unser Team um folgende Personen verstärkt:

  • Anna und Paul aus den USA 
  • Nicolas und Hanne aus Belgien
  • Rebecca, ebenfalls aus den USA, aber unabhängig von Paul und Anna
  • Blandine aus Frankreich

Viel Zeit im Verlaufe das Tages ging dann dafür drauf, Gespräche über den Fortschritt der individuellen Projekte zu führen. Marcela kündigte an, dass wir drei "Alteingesessenen" mit unseren individuellen Projekten fortfahren sollten und die jüngst angekommenen uns dabei unterstützen sollten. Da ich in Ermangelung von Materialien kaum hätte weiterarbeiten können und in Anbetracht meiner Motivation für diesen Schnulli auch nicht wollen, erkundigte ich mich, wie das denn im meinem Falle aussehen sollte. Aussage dazu war aber lediglich, dass das Thema Recycling (im aller-aller-weitesten Sinne der Sache) in anderer Richtung vorangetrieben werden sollte.

Am späteren Abend gab es dann eine Fachvortrag eines Biologen, der wohl mit Marcela zusammenarbeitete, weswegen wir dem ganzen beiwohnen sollten. Thema war die Entwicklung von Artenvielfalt in maritimen Systemen. Ich bemühte mich, aufmerksam zuzuhören aber die vielen Fachtermina auf Spanisch und die aus verschiedenen Fachzeitschrften zusammengestückelten Folien mit mindestens 1.000 Wörtern pro Seite machten es mir nicht einfach. Nach ungefähr einer halben Stunde stieg ich dann psychisch aus und dillerte - ebenso wie die anderen - den Ende des Vortrags entgegen.

Donnerstag, 3.1.

Beim angesetzten Treffen gegen 9:00 erfuhr ich, dass mir mit Anna und Nicolas schon mal zwei Helfer für das "Recycling"-Projekt zugeordnet worden waren. Unsere Aufgabe sollte darin bestehen, das von Marcela gebastelte Mülltrennungssystem bei den Küchen im privaten Sektor durchzusetzen. Das umfasste also Restaurant und Bar des Hotels, drei Refugios, einen separaten Zeltplatz und leider auch unsere Kantine, das Casino. In einer 2-stündigen Diskussion versuchten wir dann - die ganzen gewichtigen Probleme und Gegenargumente einer Keule gleich schwingend - das Ganze zu kippen und stattdessen etwas anderes vorzuschlagen. Ins Feld führten wir dabei hauptsächlich, dass es kein funktionierendes Recycling basierend auf Mülltrennung außerhalb des Parkes in Chile gebe und wir daher nur aus Prinzip, aber ohne echten Nutzen trennen würden. Außerdem würde auf Anhieb mit je nach Standort 5-7 verschiedenen Tonnen etwas großkalibrig begonnen. Hinzu käme dann noch, dass wir das nur im privaten Teil des Parkes etablieren könnten und die Touristen, die ja dazu angehalten werden, ihren Müll nicht in den entlegenen Camps zu hinterlassen, grundsätzlich mit nicht entsprechend sortiertem Müll ankämen. Was aber am Schlimmsten ist: Wir wollten es tunlichst vermeiden, in der Küche unserer eigenen Kantine als Regulatoren aufzutreten - mit den Köchen sollte man es sich schließlich nicht verscherzen.

Aber all unsere eloquent vorgetragenen Weisheiten halfen nichts. Die Sache war schon beschlossen und unsere gefühlte Chefin hatte kein Interesse daran, umzuplanen. Unsere restliche Tagesaufgabe war es daher, eine möglichst pingelige Liste von Checkpunkten zu entwerfen, die wir bei Inspektionen abzuarbeiten hätten. Da wir keinen wirklichen Überblick über die Abläufe in den Küchen hatten, war das ein ziemliche halbherziges ins Blaue raten.

Am späteren Abend gab es dann noch einen weiteren Vortrag, diesmal die Präsentation der Abschlussarbeit einer Studentin des Professors, der den Vortrag vom Vortag gehalten hatte. Das Thema waren diesmal bestimmte Typen von Blumen, die absolut abhängig von einer bestimmten Art von Insekt zur Fortpflanzung waren. Den Erläuterungen die ganze Zeit über zu folgen, war diesmal um Längen einfacher.

Freitag, 4.1.

Am Freitag stand ein erneuter Aufstieg zum Torres-Aussichtspunkt auf dem Programm, wobei das hauptsächlich für die jüngst Angekommenen gedacht war. Da Marcela mit ziemlich straffem Tempo voranrannte, obwohl Rebecca eine Knöchelverletzung hatte, waren wir ziemlich schnell weit über den Pfad verteilt. Ich durfte mich dabei auf dem am Wege nach oben gelegenen Chileno-Refugio ausklinken, um da gleich mal die ordnungsgemäße Mülltrennung zu überprüfen. Die bunten Tonnen waren außerhalb der Camping-Duschen aufgestellt worden und wurden daher hauptsächlich von den Touristen befüllt, was so mittelmäßig funktionierte. In der Küche des Refugios aber schien es niemand in Betracht gezogen zu haben, den Müll zu trennen. Halbherzig plauderte ich daher eine Weile mit den dort Arbeitenden über eventuelle Änderungen, die die Mülltrennung auch in der Küche durchsetzen könnten. Halbherzig hörten diese mir zu und nickten gelegentlich halbherzig.

Samstag, 5.1.

Strömender Regen rundete diesen recht tristen Tag ab. Wir belästigten das Personal der Refugios Central und Norte, sowie Bar und Restaurtant des Hotels. Genauer gesagt war ich dabei hauptsächlich mit belästigen beschäftigt, während mir wahlweise Anna oder Nicolas nur folgten und in Ermangelung von Spanischkenntnissen zusahen. Wir gaben uns dabei mehr oder minder kritisch und machten Photos von allen Mülleimern und deren Inhalten, was uns reichlich albern vorkam. Den Müll trennte aber niemand, zumeist vorsätzlich, da die meisten Leute die Argumente kannten, die wir zwei Tage zuvor gegenüber Marcela ins Feld zu führen versuchten. Nur im Refugio Central gab man sich vorbildlich, es wurde uns aber untersagt die Küche zu betreten oder Photos zu machen.

Hate keinen Bezug zur Geschichte, aber die sind mir nochmal vor die Kamera gelaufen: Fuchs mit Nachwuchs (heißen die auch Welpen?)

Für musikalische Inspiration sorgte ein Israeli, der wohl zum Bekanntenkreis von Blandine gehörte und sich wohl ein bisschen "durchschmarotzte". Er erklärte, dass er gerne im Austausch für kostenloses Zelten und Verpflegung in der Kantine ein wenig aushelfen wollte und schien das Angebot auch mal präventiv zu testen. Da er aber ein recht gutes Musiksortiment dabei hatte und mir eine interessante Band namens "Orphaned Land" vorstellte, fragte ich nicht allzu genau nach dem Fotschritt bei seinen Bemühungen.

Sonntag, 6.1.

Auf der Sonntag war ziemlich regnerisch, so dass meine Haupttätigkeit darin bestand, auf besseres Wetter für meine vier anstehenden freien Tage zu hoffen. Nach dem ich das "W" ja schon hinter mich gebracht hatte, war mein Beschluss , die sogenannte "Backside" in Angriff zu nehmen, also den Teil des Haupttrails, der im Gegensatz zum eher "W" hinter den großen Bergen des Parkes liegt. Bei starkem Regen oder Wind aufgrund des Terrains und der zu überquerenden Pässe also kein Zuckerschlecken. Abgesehen von Der Routenplanung musste ich noch ein bisschen meiner Schnullitätigkeit nachgehen und wir erdreisteten uns daher tatsächlich dazu, in der Kantinenküche zu inspizieren. Beinahe ungläubig nahmen wir zur Kenntnis, dass dort der Müll aber vorbildlich separiert wird, was uns glücklicherweise Diskussionen an dieser Stelle ersparte. Ansonsten schrieben wir hauptsächlich eine Art Standardcheckliste und daran angelehnte Protokolle unserer bisherigen "Untersuchungen".

Am späteten Abend hing dann die neue 5-Tages-Wetter-Vorhersage im Hotel aus und mir wurde schon reichlich mulmig. Für den 7.1. waren - je nach Höhe - Regen oder Schnee angesagt, für die nachfolgenden Tage dann nachlassender Niederschlag und dafür in stärkerem Maße zunehmender Wind, am 9. und 10. bis zu 100 km/h.