Berichte von 11/2012

26November
2012

Wochenende Teil 3 - Los Dominicos

Im äußersten Osten der Stadt gibt es ein ehemaliges Dominikanerkloster, dessen Kirche heute noch für Gottesdienste genutzt wird. Der restliche Teil ist heute eine klassische Touristensehenswürdigkeit, in der sich zahlreiche Kunsthandwerksläden eingerichtet haben. Das Ganze ist aber wirklich sehr hübsch und vor allem komplett anders, als andere Teile von Santiago, so dass ich mich am Sonntag mal auf den Weg dahin machte.

Aufgrund der horrenden Preise und des Umstandes, dass ich ja alles noch ein paar Monate mit mir hätte rumschleppen müsste, entschloss ich mich dann aber dazu, nichts zu kaufen. Zu sehen gab es aber doch einiges. Abgerundet wurde das ganze durch eine Big Band, die mittags spielte und eine Veranstaltung etwas außerhalb des Klosters, deren Anliegen wohl das Sammeln von Geld für geistig Behinderte war.

Bigband im Hintergrund

26November
2012

Wochenende Teil 2 - Fußball im Da'Tito

Am Samstagabend entschloss ich mich kurzerhand, mal ein chilenisches Fußballspiel in einer Bar zu sehen. Ohne Ahnung, wo man das am Besten so macht, setzte ich mich also in die erstbeste Bar, in der gerade ein Spiel lief und wurde dann innerhalb kürzester Zeit mit einer geradezu sensationellen Flut an Impressionen überschüttet.

Das Spiel

Zu sehen gab es ein heißumkämpftes Spiel zwischen Colo-Colo und Italiano, welche ihren Namen zum Trotz beide Vereine aus Santiago waren. Im Grunde genommen gab es keine ruhige Minute. Ich durfte Zeuge werden, wie ein Handelfmeter verwandelt und 4 weitere teilweise spektakuläre Tore erzielt wurden, zwei Spieler mit rot vom Platz flogen, es ausschließlich Strafraumszenen und fast kein Spiel im Mittelfeld gab, die Spieler ständig mit dem Schiri oder dessen Assistenten diskutierten und einige andere sich ein paar Mal von Spiel verabschiedeten, um die Fans zu bitten, doch etwas weniger Gegenstände auf das Spielfeld zu werfen. Und dabei hatte ich die erste Stunde Spielzeit und vier weitere Tore komplett verpasst. Darauf aufbauend leite ich mal folgende chilenische Spieltaktik ab:

Gespielt wird im klassischen 3-1-1-5 System mit Libero vor der 3er-Abwehrkette. Mindestens einer der Abwehrspieler hat im Verlaufe der Partie einen Elfmeter zu verschulden. Davon abgesehen ist es die Hauptaufgabe der Verteidiger, den Ball wann immer möglich nach vorne zu dreschen, damit man sich das langweilige Spiel im Mittelfeld oder Ball-Hin-und-Hergeschiebe ersparen kann. Libero ist eine pro Verein mindestens 4-fach zu besetzende Position, da immer mindestens einer aufgrund der zahlreichen Fouls verletzt ist und zwei andere ihre Rotsperren absitzen müssen. Der damit einzige verbleibende mögliche Libero hat dann daher auch die Aufgabe, sich eigneständig vom Spiel zu verabschieden, indem er sich beim Schiri die Vorzeitig-Feierabend-Karte abholt.

Der einzige Mittelfeldspieler kommt nur bei Anstößen zu Ballkontakten und muss ansonsten die völlig zurecht aufgebrachten Fans beruhigen.

Im Angriff gibt es einen klassischen Mittelstürmer mit ihn umgebender Stürmerraute. Wer von diesen nicht mindestens ein Tor erzielt, verliert seinen Stammplatz. Entsprechend groß ist die Motivation und die Frequenz mit der die Tore fallen.

 

Am Ende konnten die Fans von Colo-Colo jubeln, die in der Bar die Mehrheit stellten. Ihr Team verlor zwar tragisch mit 4:5, aber es war das Rückspiel einer K.O.-Runde und das Hinspiel hatten sie einfach höher gewonnen.

Die Bar

Die Bar Da'Tito selbst war eine einzige Sensation. Den eigenen Ansprüchen nach wäre man wohl gerne eine echte Pizzeria gewesen, aber dazu war das Ganze einfach zu unkonventionell.

Es gab einige Stühle außerhalb, einen Hauptraum und einen Barteil, in dem ich saß und dabei den hinter der Theke werkelnden 3 Pizzagroßmeistern zuschauen konnte.

Weitere Tische hätte man hier kaum unterbringen können, da ein großer Teil des Bar-Bereichs mit Fässern und Bierkästen vollgestellt war. Hinter der Theke vereinten sich auch ca. 10 qm Küche, Kasse, Schankbereich und zahlreiche Kühlschränke, aus denen dann das Bier serviert wurde. Das auf den zahlreichen Werbetafeln angepriesene Budweiser gab es aber leider nicht. Des Weiteren existierten zwar etliche Zapfhähne, aber egal was man bestellte, Bier gab's immer aus Flaschen, die aus einem Kühlschrank hervorgeholt wurden. Nur ein Zapfhahn wurde gelegentlich genutzt, um ein paar Schlucke in eine große Schale zu füllen, welche aber ansonsten keine weitere Funktion zu haben schien. Außerdem wurde einmal ein Pitcher gefüllt, der danach aber in den Kühlschrank wanderte, in das einzige "Stockwerk", welches nicht mit Bierflaschen befüllt war. Darin befanden sich außerdem eine Schnabeltasse mit rosa Pferdchen drauf, ein Teller mit Ananasscheiben aus der Dose und ein schwarzer Plastikbeutel unbekannten Inhalts.

An der Kasse saß wohl der Chef, der im Wesentlichen zwei Aufgaben zu erfüllen schien: Wenn ein Kunde die Rechnung wollte, so tippte er auf einer prähistorischen Registrierkasse die Zahlen nach, die der einzige Kellner auf einem Schmierzettel sammelte. Die zweite Aufgabe war wohl das Sicherstellen, der Kundenzufreidenheit. Als ein Gast darum bat, sein iPhone laden zu dürfen, zeigte er sich hilfsbereit und steckte sofort einen der Kühlschränke ab um eine Steckdose zum Laden freizumachen. Dass er der Chef war, zeigte sich hauptsächlich dadurch, dass der Kellner ihn immer mit "Chef" ansprach. Der Koch indes tat dies nicht. Wann immer er etwas sagte, verwendete er recht wortkarg den Imperativ. Er schien mir auch kein Chilene zu sein, da er typische Chilenismen nicht benutzte. Italiener war er aber wohl auch nicht. Ziemlich viel Zeit verbrachte er damit, große Käseklötze (3 Kilo?) mit einer Brotschneidemaschine in Scheiben zu schneiden, dann zu stapeln und anschließend in den Kühlschrank zu verfrachten, wobei er dabei regelmäßig seine Achsel auf einen anderen Käsestapel drückte. An besagter Stelle hatte seine Kleidung auch einen grundsoliden Fleck.

Pizzen musste er aber gar nicht so viele machen, da die Leute es hier wohl bevorzugten, Hotdogs zu essen. Die dafür benötigte Hauptzutat - trockene Brötchen - lagen noch in ihrer original Supermarkt-Verpackung in der Auslage.

Falls doch mal ein Gast auf die unkonventionelle Idee kam, eine Pizza zu ordern, so rollte der Koch flink ein Stückchen Teig aus, halbierte es, bestrich beide Teile mit Ketchup, legte Käsescheiben drauf, schmierte nochmal Ketchup nach und griff dann zum jeweiligen Belag - meist Oliven oder Miniwürstchen - welchen er dann knauserig über die beiden Hälften verteilte.

Nach 5 Minuten im Ofen war der Gaumenkitzler dann auch schon zum Verzehr bereit.

Leider hatte ich schon vorher gegessen, so dass ich mich mit Bier begnügte.

Beim Verlassen fiel mir ein Aufkleber an der Kasse auf. Die Aufschrift lautete ungelogen:

"Breaking Quality"

26November
2012

Wochenende Teil 1 - Vitacura und Manquehue

Pünktlich um halb 11 stand ich vor der Schule und erwartete einen Kleinbus, der mich und eventuell auch andere Schüler nach Isla Negra bringen würde. Wie üblich hatte es in der Woche Ausschreibungen für Aktivitäten und Touren gegeben und da ich zu faul war, mich um etwas anderes zu kümmern, hatte ich meinen Namen auf die Liste für den Ausflug zu besagtem Örtchen etwas südlich an der Pazifikküste eingetragen. Als ich 20 Minuten später immernoch (allein) wartete, war ich mir fast sicher, dass etwas schief gelaufen war. Ich habe im Verlaufe des heutigen Tages erfahren, dass die Tour wegen zu geringer Teilnehmerzahlen abgesagt wurde, was mir aber irgendwie entgangen war.

Spontan und aus Mangel an Alternativen beschloss ich daher, einfach mal ein Viertel Santiagos zu erkunden, dass ich bisher noch nicht kannte. Nachdem ich einen Moment unentschlossen mit meinem Finger über den Stadtplan eierte, fiel meine Entscheidung auf den Nordosten der Stadt, genauer die Straße Vitacura und das Viertel Manquehue. Vitacura war auf der Karte als sehenswert markiert und in Manquehue war ein Stadion mit deutscher Flagge illustiert, was mich dann doch neugierig machte.

Das Viertel um Vitacura herum entpuppte sich dann als eine Art Designer- und Reichenviertel, welches nicht immer schön, aber doch zumindest sehenswert war. Am besten gefiel mir eine geradezu symbiotische WG, bestehend aus einer "Dulceria" (eine Art Café in der es ziemlich viel Süßkram gibt) und einer Zahnarztpraxis.

Danach machte ich mich dann auf den Weg zum Club Manquehue. Das ist schon ein Stück anderer Kultur, zu dem man da nur Zutritt erhält, wenn man Mitglied oder deutscher Staatsbürger ist.

Formal gesehen handelt es sich dabei um einen Sportverein, der wenig überaschender Weise von deutschen Auswanderern gegründet wurde. Die schwarz-weiß-roten Vereinsfarben und Flaggen (allerdings vertikal gestreift) ließen mich vermuten, dass der Club wohl mindestens 70 Jahre als ist. Auch das tempelartige Design des Versammlungsgebäudes machte mich etwas skeptisch.

Davon einmal abgesehen gab es keine allzu verdächtigen Dinge und die Leute gingen hier ihren Sportarten und dem Vereinsleben nach, wie es sich jeder Chilene von einem Klischeedeutschen vorstellte:

In der Mitte gab es ein Vereinshaus, in dem zahlreiche Pokale standen und man verschiedene Biersorten trinken konnte, drum herum gab es verschiedenste Sportfelder und -hallen, alle in einwandfreiem Zustand und es gab tatsächlich Mülltrennung. Ich weiß zwar nicht, was die dann mit dem getrennten Müll anstellen, da es das außerhalb des Vereins nicht gibt, aber das gehört wohl aus ideellen Gründen dazu.

 

Danach ging's dann wieder ein Stück in südlicher Richtung. Ich traf da unter anderem auf den coolsten Park, den ich bis dato in Santiago gesehen habe.

Das Gelände war recht groß und es herschte sogar eine entspannte Atmosphäre, da im Gegensatz zu den meisten anderen Parks die Straßen nicht so stark zu hören waren.

 

22November
2012

Das Käppchen Rot

Im Alltag spanisch zu sprechen, ist eine durchaus knifflige Angelegenheit, da die Satzstellung kaum der im Deutschen entspricht, geschlagene 5 Vergangenheitsformen existieren, die Präpositionen gebraucht und viele Sachen grundsätzlich anders ausgedrückt werden.

Im aktuellen Arbeitsbuch gab es einen Auszug aus einem bekannten Märchen, das ich hier mal aus Jux und Tollerei möglichst wortgetreu übersetzen will. Der Leserlichkeit halber habe ich abweichende Genera angepasst. Außerdem habe ich versucht, immer einen sinnvollen Kasus zu verwenden, da es etwas derartiges im Spanischen nicht gibt. Das Resultat ist also nur bedingt "wörtlich".

Das Käppchen Rot

Es gab einmal, macht viele, viele Jahre ein kleines Mädchen, welches sich nannte Ingrid. Sie immer trug einen Mantel welcher war der Farbe rot, wegen dies alle sie nannten Käppchen Rot. Ingrid lebte mit ihrer Mutter in einem Haus sehr klein und sehr arm welches war nahe dem Wald Schwarz.

Eines Tages die Mutter von Käppchen Rot ihr sagte zu ihr, dass ihre Großmutter war sehr krank und wegen dies war den ganzen Tag im Bett und nicht konnte kochen. Die Mutter sie bat zu Käppchen den Gefallen, zu tragen zu ihrer Oma ein Körbchen mit Essen für ihre Großmutter. Käppchen, liebte sehr zu ihrer Oma und selbstverständlich, das Mädchen akzeptierte unvermittelt. Die Mutter ihr gab das Körbchen mit Essen zu Käppchen und ihr empfahl nehmen viel Vorsicht im Wald, nicht sprechen mit Personen extern und nicht verlassen außerhalb des Weges. Käppchen welches war ein Mädchen sehr gehorsam antwortet "Ja, Mutter", danach sie nahm das Körbchen und fing an zu betreten in den Wald.

Der Wald Schwarz war sehr berühmt weil die Leute sagten, dass es gab viele Tiere gefährlich welche manchmal angriffen zu den Personen, Räubern und Angreifern, welche raubten zu den Leuten welche reisten durch den Wald und auch es gab Hexen, welche waren Frauen böse und schrecklich, welche praktizierten die Magie schwarz und hatten einen Kater der gleichen Farbe.

Der Wald war dunkel und Käppchen Rot hatte viel Angst. Das Mädchen wanderte für 4 Stunden und plötzlich erschien ein Tier schrecklich gegenüber zu sie, das Tier war groß und schwarz, ein Wolf, und sie fragte "Wo gehst Mädchen mit diesem Körbchen mit Essen?", Käppchen antwortete "Gehe zum Haus von meine Oma, welche lebt in der Mitte des Waldes". Das Tier ihr empfahl zu Käppchen zu nehmen anderen Pfad mehr kurz um anzukommen vor dem Haus von ihrer Oma. Käppchen dachte einen Moment, aber schließlich entschied akzeptieren den Vorschlag des schrecklichen Tieres und nahm den Weg kurz.

Der Wolf in Wahrheit sie lügte zu Käppchen weil der Weg, welchen er ihr empfahl nicht war mehr kurz, sondern viel mehr lang. Der Wolf rannte zu dem Haus der Großmutter, kam an und schlug die Tür. Die Großmutter fragte "Wer ist?", der Wolf versuchte zu imitieren eine Stimme des Mädchens und antwortete "Bin deine Enkelin Käppchen Rot und habe ein Körbchen mit Essen für dich". Die Großmutter unschuldig öffnete die Tür, der Wolf trat ein und sie aß zu der Großmutter des Käppchens...

Der restliche Teil kommt dann wohl erst in einem der nachfolgenden Büchern.

17November
2012

Cabalgata

In der vergangenen Woche besuchten ein paar Vertreter von "Tu ruta es Chile" die Schule, um sich bei den Opfern des Ausflugs nach Valparaíso zu entschuldigen und hatten ein paar Versöhnungsangebote im Gepäck. Unter diesen fand sich auch ein satter Rabatt auf einen anderen Ausflug (mit anderem Guide und Fahrer), so dass ich mich am Samstag ab etwa 10:30 im Bus ins Cajon del Maipo befand. Dabei handelt es sich um eine Schlucht in den Anden, die wirklich sehenswert ist und die man von Santiago aus nach einer guten Stunde Fahrzeit erreicht. Außerdem gibt es zahlreiche Aktivitäten, denen man dort nachgehen kann.

Für eine davon konnte man 10 Schüler (mich eingeschlossen) von 2 verschiedenen Sprachschulen interessieren. In zwei Autos machten wir uns folglich auf den Weg. Leider hatte einer der Fahrer Orientierungsprobleme, weswegen wir etwas länger brauchten, aber glücklicherweise gab es an allen Ecken genügend Leute, die die Gegend offenbar besser kannten und uns den Weg weisen konnten.

Auf einem Gehöft im besagtem Tal wechselten wir dann allesamt auf Pferde und machten uns auf einen ca. 5-stündigen Ausritt. Nur einer der Fahrer bewachte ob seiner Statur wohl im Interesse der Pferde die Autos. Stattdessen begleiteten uns zwei erfahrene Reiter, ein paar junge Pferde ohne Reiter (zum Eingewöhnen) und eine wechselnde Anzahl von Hunden.

Im Grunde ist das eine zunächst eine ziemlich entspannte Angelegenheit, da die Pferde die Strecke und die Stopps schon kennen und man als blutiger Anfänger im Reiten auch gar nicht so viel Einfluss hat oder zu nehmen braucht. De facto sitzt man nur auf dem Pferd, welches alles schon von alleine richtig macht und hat genügend Zeit die Landschaft zu genießen und unglaublich dreckig zu werden. Die Gegend ist nämlich sehr trocken, aber Wind und Pferde wirbeln ordentlich Staub auf.

Nach einer recht ebenen Strecke zu einem weiter hinten im Tal gelegenen Wasserfall ging es dann ein gutes Stück bergauf. Hier hatte jeder die Chance, nochmal ein bisschen Sonnencreme über die Staubschicht auf der Haut zu schmieren, bevor wir wieder die Rücktour zur Ranch antraten.

Das Reiten selbst wurde ehrlich gesagt nach einer Weile ein bisschen öde. Aber die ungewohnte Sitzposition beschäftigte mich dann doch die ganze Zeit über und blieb auch ein paar Tage danach noch meinen Beinen im Gedächtnis.

Zum Abschluss gab es Asado, was die chilenische Variante von Grillen ist und folglich nicht mein persönliches Tageshighlight war.. Das gereichte Brötchen war ähnlich trocken, wie das Tal.

Aufgrund der sehr sehenswerten Landschaft war es aber trotzdem ein Ausflug, den ich so auch weiterempfehlen könnte.

   Aufwärts...

Später war ich dann noch auf einer chilenischen Geburtstagsfeier, auf der wenig typische Speisen (z.B. Sushi) in typischen Mengen (sehr viel) gereicht wurden und ich das erste Mal die Cueca, den chilenischen Nationaltanz sehen konnte.

15November
2012

Santiago de Chile

Nach 11 Tagen Anwesenheit nehme ich es mir heraus, eine Einschätzung zu Santiago als Ganzes abzugeben.

Die Einwohnerzahlen schwanken, je nach Laune der Person die man fragt, zwischen 5 und 8 Millionen und folgerichtig habe ich auch viele Stadtteile gar nicht gesehen. Grundsätzlich zwischen zwei Kordilleren gelegen gibt es im Zentrum im Wesentlichen zwei Hügel (Santa Lucia und San Cristobal) zwischen denen die Stadt überaschend flach ist. Der Architekturstil ist höchst inhomogen, wahrscheinlich, da regelmäßige Erdbeben immer mal Platz für Neues schaffen. Im Zentrum selbst befinden sich die meisten typischen Touristensehenswürdigkeiten wie hübsche Kirchen und Bauten im Kolonialstil, einige Museen, sowie den zentralen Platz, der hier Plaza de Armas heißt. Das Zentrum erinnert doch reichlich an eine spanische Großstadt. Nördlich davon gibt es einen kleinen Parkstreifen, der aber nur bedingt zum Erholen einlädt, da er von stark befahrenen Straßen umsäumt ist. Noch ein Stückchen weiter quält sich der Fluss Mapoche durch sein Betonbett. Wenn man eine der zahlreichen, unterschiedlich gestalteten Brücken passiert, und so diese gemählich dahinblubbernde Schlammbrühe überquert, kommt man nach Bella Vista, welches das beliebteste Ausgehviertel der Stadt ist. Die Wagnergasse in Jena hat aber meines Erachtens schon mehr Flair. Allerdings kann man da immer wieder Straßenkünstler sehen. Letzte Woche wurde ich beispielsweise Zeuge einer Parade tanzender, als Zombies verkleideter Mädels. Den Anlass oder Sinn des Ganzen habe ich nicht verstanden.

Dahinter liegt der Hausberg der Stadt, der Cerro San Cristobal. Der ist ganz hübsch und kann mit einem Zoo, einer kabelgezogenen Bahn und einer übergroßen Mariastatue aufwarten.

Östlich des Zentrums liegt der Stadtteil Providencia, in dem sich meine Unterkunft, die Schule und das Aikido-Dojo befinden. Es ist ein insgesamt recht ruhiges Viertel in dem wohl überproportional viele alte Menschen leben. Die großen Wohnhäuser haben meist einen sehr freundlichen Pförtner, der sich so wohl zumeist die Pension aufstockt.

Im ganzen Stadtgebiet gibt es unglaublich viele herumstreunende Hunde, die tagsüber meist nur rumdösen oder aber Autos anbellen und nach Sonnenuntergang - öfters auch in kleinen Gruppen - willkürlich irgendwelchen Passanten folgen. Da sie ja bei Tageslicht nicht viel machen, haben sie dann auch abends den Elan ein paar Kilometer lang das unfreiwillige Adoptivherrchen zu begleiten.

Außerdem sehr typisch sind Spuren der zahlreichen deutschen Auswanderer. Neben üblichen Verdächtigen wie Kneipen ("Kleine Kneipe") und Biersorten ("Kunstmann - das gute Bier") gibt es auch Schokolade "Sahne-Nuss", Flutschfingereis und Vollkornbrot.

    

12November
2012

Valparaíso und Viña del Mar

Santiago ist ja recht groß und hat auch ganz nette Ecken, aber grundsätzlich macht die Stadt doch einen ziemlich europäischen Eindruck und die Anzahl der touristischen Highlights die man hier bestaunen kann, ist eher übersichtlich. Deswegen hatte ich mir vorgenommen, die Wochenenden zum Erkunden in der Nähe gelegener Orte zu nutzen. Zu den Hauptzielen gehörten dabei die an der Küste gelegenen Städte Valparaíso und Viña del Mar. Da kam es mir natürlich sehr gelegen, dass letzte Woche bereits ein Angebot für eine Reise zu besagten Städten seitens der Schule angeboten wurde und folglich ging es mit dem Bus am vergangenen Samstag auf zur Küste.

Allerdings sollten wir (6 andere Schüler, eine Externe und meine Wenigkeit) uns schon bald wie Gefangene einer Kaffefahrt fühlen.

Zunächst ging es nach Valparaíso, wo wir nahe des Hafens ankamen und eine kleine Rundfahrt mit einen Schiffchen machten. Das war ganz unterhaltsam, was hauptsächlich an der Art des Tour-Guides - nennen wir ihn mal den Stadtbilderklärer - lag: Es war ein reichlich korpulenter Typ mit sehr ungleichmäßig im Gesicht verteilter Sonnencreme, der dem Erscheinungsbild nach wohl auch ziemlich viel auf der Straße hätte pennen könnte. Überraschender Weise balancierte er aber während der Fahrt immer mal reichlich behende auf der Reling und erklärte mit viel Gestik die ganze Zeit über Details dessen, was wir sahen, in einer solchen Lautstärke, dass man ihn vermutlich auch am Kai gehört hat.

    Der Stadtbilderklärer in Aktion

Danach durften wir dann ein paar Minuten lang den Hafen zu Fuß erkunden und ein paar Ansichtskarten nachphotographieren. Einer Art Stadtfest wegen hat es nicht ganz zum Standardpostkartenmotiv gereicht, aber dafür konnte die Feuerwehr abgelichtet werden.

Danach wurden wir dann wieder in den Bus verfrachtet, um zu einem kombinierten Souvenirshop und Aussichtspunkt zu fahren. Zugegebenermaßen sind die Häuser da wirklich sehr interessant anzusehen. Viele hängen auf geradezu abenteuerliche Art und Weise am Berg und bestechen durch ziemlich bunte Farben, was den Hügeln ein sehr ungewöhnliches Stadtbild beschert.

Nach 20min Freigang ging es dann wieder in den Bus um ein paar mal im Kreis zu fahren und wieder am Hafen anzuhalten um einen Ortskundigen einzusacken, der unserer ahnungslosen Tour-Führerin und ihrem Fahrer zeigen konnte, wo es denn zum schlechtesten Restaurant der Stadt geht. Nicht schnell, aber zuverlässig kamen wir dort an und durften in einem großen Saal ohne Fenster Platz nehmen. Die anderen Gäste waren ausschließlich Rentner, die wohl Opfer einer anderen Kaffefahrt waren. Das Essen selbst passte dann auch ausgezeichnet zu den Rahmenbedingungen, wenngleich ich das trockene Brötchen lobend erwähnen möchte.

Nachdem wir uns für weitere Fahrten im Bus gestärkt hatten, ging es dann in das Nahe gelegene Viña del Mar. Im Grunde genommen eigentlich ein sehr interessanter Kontrast zu Valparaíso, welches eine historisch gewachsene Hafenarbeiterstadt ist und auch einige Armenviertel aufweist. Viña hingegen ist eine moderen Stadt in der die Wohlhabenden Santiagos ihre Strandapartements haben. Allerdings sahen wir davon erstmal nicht so viel, sondern hielten bloß kurz an, um das ganz nette aber wenig spektakuläre Wahrzeichen zu photographieren.

Das war's dann auch. Es ging weiter zu einem außerhalb gelegenenen Aussichtspunkt am Strand, an dem man über die Felsen klettern konnte.

Wir konnten dann unsere Entführer überreden zurück nach Viña zu fahren und hatten dann ein bisschen Zeit am Strand. Im Wasser indes trieb sich kaum jemand rum, da der Pazifik hier aufgrund des Humboldtstroms äußerst kalt ist.

Das war es dann auch mit dem Programm.

Glücklicherweise kannte eine der Mitgeiseln einen Chilenen, der hier ein schickes Apartment besitzt, sodass wir in Viña bleiben konnten, nachdem uns die Flucht aus dem Bus geglückt war.

Am nächsten Morgen ging es dann nochmal nach Valparaíso. Wir wollten die Stadt ein wenig auf eigene Faust zu erkunden um nicht nur mit den faden Impressionen der vorangegangenen Busfahrt wieder zurück nach Santiago zu kommen. Der Anlaufpunkt war dabei ein in den Hügel gebauter Aufzug, von dessen oberem Ausgang wir dann durch einige Straßen schlenderten, um schließlich mit einem normalen Regionalbus zurückzufahren.

07November
2012

Alltag

Nach geschlagenen 2½ Tagen hat sich bei mir schon ziemlich klar ein Alltag herauskristallisiert, den ich hier mal kurz anreißen wollte:

Meine Gastgeberin (eine ältere Frau namens Marilu) bereit typischer Weise Frühstück vor, welches normalerweise aus einer Schüssel Obst und ein bisschen Toast mit Konfitüre besteht. Dazu gibts dann schwarzen Tee, alles zusammen sehr hübsch drappiert und verteilt über mehrere Teller, Schüsselchen und Tassen. Marilu selbst frühsteckt nicht, sondern trinkt eigenen Angaben zu Folge nur einen Kaffe, was zu bezeugen mir aber bisher noch nicht geglückt ist.

Danach mache ich mich dann auf den Weg zur Schule, an der die Stunden offiziell zwischen 9 und 13 Uhr stattfinden. Die ersten zwei umfassen Grammatikunterricht, die anderen beiden Sprachtraining. Da ich mit ziemlich gestückelte Vorkenntnisse angefangen habe, musste ich die Kurse schon ein paar Mal wechseln, um etwas passendes zu finden.

Die Schule selbst ist im Grunde genommen eine deutschsprachige Kolonie. Geschätzte 50% der Schüler (insgesamt ca. 70) sind Deutsche und die anderen zu meist Schweizer oder eventuell Brasilianer. Alle anderen sind quasi Exoten.

 Ansicht der Schule von aussen

Das Nachmittags- und Abendrogramm ist dann weitestgehend flexibel. Irgendwann zwischen 18 und 20 Uhr gibt es zumeist Abendbrot und während dessen versuche ich - sogut wie irgend möglich - das zu verstehen, was Marilu während dessen erzählt.

Gestern hingegen war ich erstmalig beim Aikido-Dojo in Providencia. Der Stil den sie dort praktizieren nennt sich Kenkyukai und ist schon etwas anders als das gewohnte Takemusu. Überdies ist das natürlich eine ausgezeichnete Möglichkeit, auch ein paar Leute außerhalb des Touristenkindergartens zu treffen.

Ausserdem bin ich jetzt wieder im Besitz eines Handys, welches zwar leider moderner ist, als mein altes Nokia das war, aber immerhin über kein Touchscreen verfügt.

Als nächstes sehe ich mich der bedeutsamen Aufgabe gegenüber, ein Fahrrad aufzutreiben.

05November
2012

Abflug und Ankunft

Da man ja mit irgendetwas anfang muss, handelt der erste Eintrag gar nicht von Geschehnissen aus Südamerika, auch wenn er in einer Sprachschule in Santiago de Chile verfasst wurde.

Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, über die vorangegangenen 3 Tage in Frankfurt nichts zu schreiben, aber letztlich ist doch genügend passiert, dass der Eintrag nicht komplett leer bleiben muss. Organisatorisch hatte das ja eigentlich ganz gut begonnen. Ich hatte ein nettes Hostel in Frankfurt und konnte nochmal mit Georg, Holger und Co zu einem Union-Spiel. Über letzteres zu schreiben lasse ich aus, genauso wie über Offenbach oder Frankfurt selbst. Es würde sich einfach nicht lohnen.

Halbwegs relevant war dann aber doch, dass mir bei einem Pub-Crawl in Frankfurt meine Jacke geklaut wurde, in der sich praktischer Weise auch gleich noch mein Handy befunden hatte. Ich habe es aber auch ohne eigenen Wecker geschafft, rechtzeitig am Flughafen zu erscheinen und bin auch nach lumpigen 27 Stunden Reisezeit in meiner Unterkunft in Santiago angekommen. Ab heute, bis zum 7.12., besuche ich die Sprachschule Ecela, die auch verschiede andere Aktivitaeten anbietet. Nachher gibt es unter anderem einen Stadtrundgang und danach dann auch die ersten Photos.